Die grüne Farbe des Friedens             

So prächtig ist die grüne Farbe des Frühlings. Alles erwacht zum Leben. Die Knospen eines Baumes gehen auf. Der Baum sehnt sich nach Luft, Wasser und Wärme, um weiter zu wachsen. Ich betrachte die Schönheit dieser Welt. Wie gut es wir Menschen in diesem Land haben. Wir dürfen frei herumlaufen und tun das, was das Herz begehrt. Mit wenigen Ausnahmen durch festgelegte Gesetze und Normen, die wir einhalten müssen, um eine zivilisierte Gesellschaft zu erschaffen.

Wie gut es wir alle hier haben …

Kein Hunger, keine Not, der Kühlschrank ist immer voll. Wir leisten uns sogar das unangetastete Essen kurz nach Ablaufdatum in den Müll zu werfen. Wir leisten uns Urlaub dort zu machen, wo hinter den hohen Mauern eines all inklusiv Hotels, sich Menschen im Krieg befinden und Hunger leiden.

Wie gut es wir haben …

Darf ich Sie bitten? Wir verlassen für einen Augenblick diesen Raum, in dem wir uns jetzt befinden. Wir verlassen diese extravagante Luxus Welt, in der wir gerade leben. Wir begeben uns in eine Vorstellung.

Stellen wir uns vor, dass wir jetzt gerade in einem Land leben wo die Erde grau ist, in einem Land, wo neue und unbekannte Krankheiten entstehen, in einem Land wo der ausgetrocknete Boden mit tiefen Rissen nach Wasser schreit.

Stell dir vor, du würdest gerade am Boden liegen. Du bist durstig, aber du spürst den Schmerz in deinem ausgetrockneten Hals nicht mehr. Deine Augen hast du offen, schaust den Himmel an und bemerkst wie die Geier große Runden fliegen, sie kommen wieder, sie beobachten jede deiner Zuckungen und warten bis du stirbst. Du fühlst nichts mehr, es ist ruhig, du siehst den Tod vor dir, wie er dich begrüßt und dich willkommen heißt.

Was für ein schreckliches Bild. Oder nicht?

So eine kurze Vorstellung und sich für einen Augenblick selbst in andere Menschen zu versetzen. Das erleiden Tag für Tag, tausende Menschen in Afrika und anderswo.

Was ist das für ein Gefühl? Wenn eine Mutter hoffnungslos dasitzt und zusieht wie ihre Kinder, eines nach dem anderen, sterben? Hoffnungslos sitzt sie da und wartet. Sie hält ihr Kind in den Armen und schaukelt es hin und her, bis es nicht mehr atmet. Bis es keinen Hunger und Durst mehr spürt. Erlöst von dem schmerzhaften Leiden.

Tag für Tag sterben Kinder an Hunger und Durst. Das treibt Menschen in den Wahnsinn. Sie ergreifen die Flucht. Sie wollten in Wahrheit alle in Ihrer Heimat bleiben. Der Krieg, die Hungersnot und die Existenzängste haben sie aus ihrem eigenen Land vertrieben.

Bis zu einem Jahr sind sie unterwegs, zu Fuß oder von den bezahlten Schleppern im Auto in die nächsten Ortschaften gebracht. Alle wollen dort hingehen wo Bäume wachsen und wo die Wiese grün ist. Sie wollen dort hingehen, wo die Seerosen den Teich in eine weiß/rosa/blau idyllische Landschaft verwandelt.

Zuhause ist man dort, wo die Ruhe einkehrt. Dort wo man nicht Hunger oder Durst leiden muss, ein warmes Bad und sauberes Bett zum Schlafen hat. Ein Zuhause ist die Wärme, die man spürt, wenn man von der Arbeit kommt und sich in der bekannten Umgebung wohlfühlt. Zuhause ist dort, wo man seine Kinder auf dem Schoß halten kann ohne Angst zu haben, dass die nächste Bombe den letzten Augenblick zerstört und man sein Kind niemals wiedersehen wird. 

Das ist, was wir Menschen eigentlich brauchen. Wir brauchen Ruhe und Stabilität.

Keinen großen Flachfernseher von Samsung oder Panasonic. Keinen schwarzer Audi A8 am Parkplatz stehen. Luxus Harley Davisson Motorräder, keine Banken, die plötzlich das ganze Land in die Insolvenz schicken. Einsparmodus bitte aktivieren. 

Millionen von Euro, die eigentlich nützlich in Wasserleitungen und Filteranlagen in armen Ländern investiert werden könnten. Aber wen interessiert das schon in Europa?

Wie gut es wir hier in Europa haben…

Wo ist dieses Land? Fragen sich die Migranten. Piraten? Nein, keine Piraten! Migranten. Die seit Tagen in Schlauchbooten im Ozean in alle Richtungen irren und weiter von Wind und Flut getragen werden.

Hunderte Menschen Haut an Haut nah in einem Boot, niemand kann aufstehen oder auch nur die Füße ausstrecken. Keine Toilette und keine Dusche. Es stinkt nach Urin und Kot. Bei manchen ist die Haut von Harnsäure und Sonne angegriffen, komplett rot und verbrannt. Es fühlt sich an, als ob jemand Salz über eine offene, blutige Wunde verstreut hätte.

Das Boot aus dem All betrachtet, scheint nur ein winziger kleiner Punkt mitten im Ozean zu sein. Ein Boot, das nach Tod und Krankheit stinkt. Vor Müdigkeit und Erschöpfung manche Menschen halten es nicht mehr aus, sie fallen ins Wasser wie ein Blatt einer Rose, wenn sie ausgetrocknet ist. Für immer Frieden gefunden.

Viele werden auf dieser Reise, im Ozean ertrinken und vieles erleiden. Doch der Weg zu den grünen Wiesen in Europa, einmal im Leben grün zu sehen und zu tasten, den Frieden einatmen, hat seinen Preis. Viele Tausende von Dollar haben die Flüchtlinge bezahlt, um von den Schleppern über die Grenzen gebracht zu werden. Die Hälfte im Voraus und die Hälfte bei der Ankunft.

Wer es vom Boot geschafft hat, versteckt sich in der Nacht. Nur der Mond schaut von oben zu, wie sich die Menschen vor der Küstenwache verstecken, bis zur Brust in Griechenland im Wasser die Flüsse überqueren und die Rücksäcke in die Höhe haltend. Kein Koffer, nur manche Bilder von den geliebten zurückgebliebenen Menschen, ein Handy und Papiere.

Das sind Menschen, die ihre Hoffnung auf die Probe stellen, Menschen, die ihre Hoffnung auf besseres Leben nicht verloren haben.

Zu Fuß über die Berge und endlich auf dem Gipfel angekommen, schauen sie mit großen Augen nach unten und sehen das wahre Paradies. Ein Dorf, das mit Strom versorgt wird. Eine Decke aus Licht, die genauso aussieht wie der Himmel, wenn er von Sternen beleuchtet wird. 

In der Stadt angekommen, rufen sie als erstes zu Hause an, um zu erzählen, dass hier in Österreich die Wiesen richtig prächtig grün sind auch in der Nacht, wenn wenig zu sehen ist.  Andere, wenn sie das erfahren, machen sich auf den Weg in das nächste Boot, um sich selbst von diesem so verheißungsvollen Grün zu überzeugen.

Sie werden kommen, unzählige Menschen. Sie werden dann kommen, wenn sie erfahren, dass über dem Ozean und hinter den Bergen Blumen wachsen und die Wiesen grün sind. Den Frieden einatmen, auf einer ruhigen Straße oder im Park zu laufen, ohne vor Schusswaffen Angst zu haben, hier jederzeit möglich ist.

Wir alle sollten mehr Verständnis für diese Menschen haben und das Gute in jeden Menschen sehen. Glaub mir, nur wenige davon wollen für immer hierbleiben. Sie müssen alle da sein, um die Krise ihres Landes zu überleben.

Nur wenige können sich vorstellen, wie sich das anfühlt, wenn man von Existenzängsten überrollt wird. Instinktiv rennt der Mensch in eine Richtung und hofft nicht von einer Kugel getroffen zu werden. Das Herz pumpt schneller als sonst, das T-Shirt ist vor Angst ganz nass. Wohin geht die Reise? Fragt sich selbst der Mensch, während er sich Schritt für Schritt von seinem Haus entfernt. Ein Blick zurück und niemals vergessen woher man kommt. Die Rituale, Glaube und Sitten, haben sie mitgenommen. Sie tragen es mit sich, um sich an ihre Heimat zu erinnern.

Was wenn sie angekommen sind? Wo bleibt unser Verständnis für all diese Menschen? Sie werden in Europa oft wie eine Plage behandelt. Ungarn baut die neue Berliner Mauer. Soviel Geschlossenheit. „Liebe deinen Nächsten“ ist ein Gebot, nur wenige Europäer glauben an Gott. Wo ich auch immer hinkomme, spüre ich so viel Hass. Viele schimpfen über den Fremden. Einheimische halten Plakaten in der Hand, in denen sie ihre Wut und Abwehr in Wörter gefasst haben. Eine Schande!! Das soll eine Begrüßung in unserem Land sein? Sind wir nicht alle Menschen?

Das Einzige was wir tun sollten ist versuchen zu verstehen. Die Wunden zu verarzten und sie alle willkommen heißen. Was danach passiert? Lassen wir uns gemeinsam etwas einfallen! Suchen wir miteinander nach Lösungen, die für alle Beteiligten in Ordnung sind. Suchen wir nach neuen Ideen, die uns weiter bringen, um ein gemütliches Miteinander zu erschaffen. Weil wir Menschen alle gleich sind.